Auf geht-s-der Reha-Podcast!

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Wie Menschen mit Behinderung den Führerschein machen oder zurückerhalten können - Folge 330

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Der Wunsch nach Mobilität ist für viele Menschen mit Behinderung ein zentrales Thema. Doch der Weg zum Führerschein – sei es der Ersterwerb oder die Wiedererlangung nach einem Unfall – ist oft mit Fragen, Unsicherheiten und Herausforderungen verbunden. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Menschen mit Behinderung ihren Führerschein erlangen und welche Hilfen dabei zur Verfügung stehen. Der Beitrag ersetzt keine rechtliche Beratung durch Behörden, Anwältinnen und Anwälte, technische Beraterinnen und Berater und ähnliche Institutionen, die sich dem Thema widmen. Es wird die Einschätzung von mir wiedergegeben, die ich nach intensiver Recherche vorgenommen habe.

Im „Auf geht’s - der Reha-Blog!“ war das Thema Führerschein und Fahrerlaubnis mehrfach wegen eines sogenannten Gesichtsfeldausfalles aufgekommen. In einem längeren Beitrag hatte ich schon zur Sendung vom 21. November 2024 einiges zur Fahrerlaubnisverordnung ausgeführt. Diesen Beitrag findest du hier!

Gesetzliche Grundlagen: Fahrerlaubnisverordnung und ärztliche Gutachten

Die [Fahrerlaubnisverordnung (FeV)] bildet in Deutschland die rechtliche Basis für die Erteilung oder den Erhalt einer Fahrerlaubnis bei körperlichen Einschränkungen. Menschen mit einer Behinderung müssen ihre Fahreignung durch ein ärztliches Gutachten nachweisen. Dies gilt insbesondere für Behinderungen wie Querschnittslähmung, Seheinschränkungen oder Amputationen.

Ein Beispiel: Personen mit einer Gesichtsfeldeinschränkung, etwa aufgrund eines Unfalls, können ihre Fahrtauglichkeit von Augenärzten oder Fachkliniken prüfen lassen. In vielen Fällen hilft eine spezialisierte Untersuchung dabei, den genauen Grad der Einschränkung zu bestimmen und gegebenenfalls eine Fahrerlaubnis unter Auflagen zu ermöglichen.

Querschnittslähmung und Führerschein: Mobilität trotz Rollstuhl

Menschen mit einer Querschnittslähmung können ebenfalls ein Fahrzeug führen. Der Schlüssel liegt in der richtigen Fahrzeuganpassung. Mithilfe von behindertengerechten Umbauten, wie Handgas- und Handbremsvorrichtungen, können sie problemlos ein Auto bedienen. Speziell umgebaute Fahrzeuge, die beispielsweise Platz für Rollstühle bieten, sind hier besonders wichtig.

Auch bei der Fahrprüfung gelten besondere Bedingungen: Die Prüfung findet in einem Fahrzeug statt, das auf die individuellen Bedürfnisse der Person angepasst ist. Dank dieser Optionen bleibt der Weg zu mehr Mobilität offen.

Seheinschränkung: Autofahren mit eingeschränktem Sehvermögen

Autofahren mit einer Seheinschränkung ist unter bestimmten Umständen erlaubt, sofern das Sehvermögen die Mindestanforderungen erfüllt. Ein Besuch beim Augenarzt oder einer spezialisierten Klinik kann klären, ob eine ausreichende Sehfähigkeit für das Führen eines Fahrzeugs vorliegt. Auch Hilfsmittel wie spezielle Brillen oder vergrößernde Sehhilfen können helfen, die Voraussetzungen für die Fahrerlaubnis zu erfüllen.

Gut zu wissen: Menschen mit Sehproblemen erhalten oft besondere Auflagen im Führerschein, wie die Pflicht, eine Brille zu tragen oder regelmäßige augenärztliche Untersuchungen wahrzunehmen.

Amputation eines Beins oder Arms: Welche Lösungen gibt es?

Auch Menschen mit einer Beinamputation können ihren Führerschein machen oder behalten. Mit einer Umrüstung auf Handgas oder speziellen Pedalen kann das Fahrzeug angepasst werden. Bei einer Armamputation ermöglichen spezielle Lenkradknäufe oder Steuerungssysteme eine sichere Bedienung.

Beispielsweise kann ein Lenkradknauf, der mit einer Hand bedient wird, die Steuerung erleichtern. Zusätzlich gibt es Fahrzeuge mit automatischer Gangschaltung, die keine Kupplung erfordern. Die Anpassung wird individuell auf die Bedürfnisse des Fahrers zugeschnitten.

Technische Anpassungen: Umbauten für mehr Mobilität

Ein behindertengerechter Fahrzeugumbau ist oft entscheidend, um den Führerschein zu erwerben oder zu behalten. Es gibt verschiedene Firmen maßgeschneiderte Lösungen anbieten. Vom Umbau des Lenkrads über Pedalverlängerungen bis hin zu Einstiegshilfen gibt es zahlreiche Optionen, die das Fahren ermöglichen.

Die Kosten für diese Umbauten können hoch sein, aber es gibt finanzielle Unterstützung. Die Kfz-Hilfe-Verordnung regelt, dass Menschen mit Behinderung Zuschüsse für den Umbau beantragen können. Dies gilt vor allem, wenn das Fahrzeug beruflich genutzt wird.

Finanzierung und Unterstützung: Möglichkeiten der Förderung

Um die hohen Kosten für Fahrzeugumbauten zu decken, können Menschen mit Behinderung verschiedene Fördermöglichkeiten in Anspruch nehmen. Die Kfz-Hilfe-Verordnung regelt die Zuschüsse von Berufsgenossenschaften, Rentenversicherungen, der Agentur für Arbeit oder Integrationsämtern. Wichtig ist für dich, dass du bevor du ein Fahrzeug kaufst oder es umbauen lässt, den Antrag bei dem für dich zuständigen Kostenträger stellst. Es lohnt sich, vorab einen Fachanwalt oder Berater zu kontaktieren, um alle Optionen auszuschöpfen.

[Im Haftpflichtbereich sieht die Sache etwas anderes aus. Hier habe ich in Sendung 309 des Auf geht’s- der Reha-Podcast! mit Rechtsanwalt Moritz Kerkmann aus Achim über das Problem gesprochen.]

Mobilität ist machbar

Menschen mit Behinderung haben in Deutschland viele Möglichkeiten, ihren Führerschein mit Behinderung zu machen oder zurückzuerhalten. Mit den richtigen technischen Anpassungen, ärztlichen Gutachten und der notwendigen Unterstützung bleiben sie mobil und unabhängig.

Ob bei Querschnittslähmung, Seheinschränkung oder einer Amputation: Dank moderner Technik und rechtlicher Rahmenbedingungen steht dem sicheren Fahren nichts im Weg. Informieren Sie sich, nutzen Sie die Hilfsangebote und genießen Sie Ihre Freiheit auf vier Rädern.

To-Do-Liste: Führerschein machen oder zurückerhalten mit Behinderung

Hier finden Sie eine praktische Schritt-für-Schritt-Anleitung, die Ihnen dabei hilft, den Prozess zum Erwerb oder Erhalt eines Führerscheins mit Behinderung erfolgreich zu durchlaufen. Diese Liste berücksichtigt wichtige rechtliche, medizinische und organisatorische Aspekte und basiert auf den oben genannten Quellen. Diese To-Do-Liste ersetzt keine rechtliche Beratung oder ist abschließend. Im Einzelfall können sich immer weitere Aspekte ergeben, die hier nicht abgebildet werden können. Informationen und Beratung können Sie sich bei entsprechenden Stellen einholen. Beispielsweise bei den Führerscheinstellen der Landkreise und Städte.

1. Rechtliche Anforderungen klären

Informieren Sie sich über die Fahrerlaubnisverordnung (FeV): Prüfen Sie, welche gesundheitlichen Einschränkungen für Ihren Fall relevant sind und ob eine ärztliche Begutachtung erforderlich ist.

Quellen: ADAC – Führerscheinerwerb mit körperlicher Behinderung Betanet – Führerschein mit Behinderung

2. Ärztliche Gutachten einholen

Vereinbaren Sie Termine bei Fachärzten: Je nach Behinderung (z. B. Augenarzt bei Seheinschränkung, Neurologe bei Querschnittslähmung) benötigen Sie spezifische medizinische Gutachten, die Ihre Fahreignung bestätigen.

Lassen Sie ggf. ein Fachgutachten erstellen: In komplexeren Fällen kann eine Untersuchung durch spezialisierte Kliniken oder Gutachterstellen notwendig sein.

Quellen: Bussgeldkatalog.org – Autofahren mit Sehbehinderung Nullbarriere – Fahrerlaubnis und medizinisches Gutachten

3. Individuelle Fahrzeuganpassungen planen

Beraten Sie sich mit einem Spezialisten für Fahrzeugumbauten: Spezialisierte Firmen bieten Lösungen für Menschen mit Behinderungen. Die Umrüstung sollte Ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen, z. B. Handgas bei einer Beinamputation oder ein Lenkradknauf bei einer Armamputation.

Testen Sie das angepasste Fahrzeug: Viele Anbieter ermöglichen es, Fahrzeuge vor der endgültigen Anpassung zu testen, um sicherzustellen, dass die Bedienung komfortabel und sicher ist.

Quelle: Automobilumbau.de– Ratgeber Führerschein mit Behinderung

4. Finanzierungsmöglichkeiten prüfen

Beantragen Sie Zuschüsse: Nutzen Sie die Fördermöglichkeiten der Kfz-Hilfe-Verordnung, die Zuschüsse für behinderungsbedingte Fahrzeugumbauten gewährt.

Kontaktieren Sie Leistungsträger: Dazu zählen die Rentenversicherung, Berufsgenossenschaften, die Agentur für Arbeit oder das Integrationsamt. Diese Stellen können je nach beruflicher und privater Nutzung des Fahrzeugs die Kosten übernehmen.

Erkundigen Sie sich bei Versicherungen: Klären Sie mit Ihrer Haftpflichtversicherung, welche Anpassungen am Fahrzeug genehmigt werden.

Quellen: Verti – Führerschein mit Behinderung: Kosten und Zuschüsse ADAC – Kosten und Förderung **

  1. Fahrschule mit Erfahrung finden**

Suchen Sie eine spezialisierte Fahrschule: Viele Fahrschulen sind auf Menschen mit Behinderungen eingestellt und bieten Schulungen in speziell umgebauten Fahrzeugen an.

Prüfen Sie die Ausrüstung: Stellen Sie sicher, dass das Fahrschulauto über die gleichen Anpassungen verfügt wie Ihr zukünftiges Fahrzeug.

Erklären Sie Ihre Bedürfnisse: Sprechen Sie offen mit dem Fahrlehrer über Ihre Behinderung und Ihre Anforderungen, damit der Unterricht individuell angepasst werden kann.

Quelle: Automobilumbau.de– Fahrschulen für Menschen mit Behinderung

6. Den Führerscheinantrag stellen

Reichen Sie alle notwendigen Unterlagen ein: Dazu gehören die ärztlichen Gutachten, der Nachweis über die technische Anpassung des Fahrzeugs und ein Sehtest. Beantragen Sie ggf. Sonderregelungen: Falls notwendig, können Sie Ausnahmen oder Auflagen beantragen, z. B. eine Fahrerlaubnis für ein spezielles Fahrzeug.

7. Fahrprüfung absolvieren

Prüfen Sie die Prüfungsanforderungen: Klären Sie, ob die theoretische und praktische Prüfung besondere Bedingungen umfasst, wie z. B. den Einsatz eines angepassten Fahrzeugs.

Nutzen Sie Ihre vorbereiteten Hilfsmittel: Alle technischen Anpassungen, die Sie benötigen, dürfen in der Prüfung genutzt werden.

Quelle: Auto Motor und Sport – Führerschein für Behinderte ** 8. Fahrzeugversicherung anpassen**

Melden Sie die Fahrzeuganpassungen bei der Versicherung: Behindertengerechte Umbauten können sich auf die Versicherungsprämien auswirken. Klären Sie, welche zusätzlichen Kosten oder Leistungen damit verbunden sind.

**9. Regelmäßige Gesundheitskontrollen ** Halten Sie sich an Auflagen: Wenn Ihre Fahrerlaubnis an regelmäßige Untersuchungen (z. B. beim Augenarzt) gebunden ist, stellen Sie sicher, dass Sie diese wahrnehmen.

Prüfen Sie Ihre Gesundheit selbstkritisch: Bei Verschlechterungen Ihrer Behinderung sollten Sie Ihre Fahrtauglichkeit freiwillig prüfen lassen.

Quelle: Bussgeld-info.de – Autofahren mit Sehbehinderung

10. Informiert bleiben und Austausch suchen

Halten Sie sich auf dem Laufenden: Lesen Sie regelmäßig Artikel und Erfahrungsberichte über technische Innovationen und rechtliche Änderungen.

Treten Sie Netzwerken bei: In Foren oder Selbsthilfegruppen tauschen sich Menschen mit Behinderungen über ihre Erfahrungen aus und geben wertvolle Tipps.

Quelle: Nullbarriere – Fahrerlaubnis für Menschen mit Behinderungen

Mit der richtigen Planung mobil bleiben

Mit dieser To-Do-Liste und den oben genannten Quellen können Sie systematisch den Weg zu Ihrem Führerschein mit Behinderung gehen. Eine gute Vorbereitung, die Unterstützung von Experten und eine klare Struktur helfen Ihnen, Hindernisse zu überwinden und Ihre Mobilität zu sichern. Gehen Sie Schritt für Schritt vor

Weitere spannende Sendung des „Auf geht’s – der Reha-Blog!“ findest du unter

www.der-rehablog.de

Im „Auf geht’s – der Reha-Podcast!“ kannst du viele Interviews mit spannenden Menschen verfolgen. Die Sendungen findest du unter:

www.rehapodcast.de


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Über diesen Podcast

Der "Auf geht's - der Reha-Podcast" richtet sich an (Verkehrs-)Unfallopfer und deren Angehörige, Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte, Versicherungen die sich mit Personenschadenmanagement beschäftigen sowie an alle an sozialer, medizinischer und beruflicher Rehabilitation Interessierten. Ohne Fachsprache unterstützt der "Auf geht's - der Reha-Podcast!" Verkehrsunfallopfer und deren Angehörige bei Ihrer Veränderung.

von und mit Jörg Dommershausen

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